Donnerstag, 4. Februar 2016

Mosquito

Der Große Woog, der Badesee in Darmstadt, ist normalerweise ein Ort, an dem sich die Darmstädter, Schwimmgruppen sowie Besucher von außerhalb im Sommer die Zeit vertreiben und sich von Zeit zu Zeit eine Abkühlung verschaffen. Doch nicht an dem Tag, als die Leiche eines Mannes auf dem Grund gefunden wird.

Hauptkommissar Karl Rünz leitet die Ermittlung. Klar ist, dass es Mord war. Wie sollte es die Leiche sonst geschafft haben, sich zu ertränken und mit einem großen Betonblock zu beschweren? Doch gestaltet sich die Suche nach dem Mörder und nach dem Tathergang als äußerst schwierig. Einziger Hinweis auf die Herkunft des Mann ist eine Münze, die er um den Hals trägt. Sie führt Rünz schließlich zurück zum September 1944, als Darmstadt von Mosquito-Kampfflugzeugen angegriffen wurde. Was wird der Kommissar finden? Und wird er noch einen Täter ausfindig machen können?

Regionale Kriminalromane sind immer so eine Sache. Auf der einen Seite können sie allein schon wegen der gut beschriebenen Szenerie gelingen und den Leser mit in die Handlung mit reinziehen. Auf der anderen Seite können eben solche lokalen Geschichten für den Leser zu schlicht und vorhersehbar erscheinen. In diesem Fall ist der Roman unterhaltend und gut geschrieben. Will man aber auch meinen, denn Christian Gude schreibt immerhin seit 2007 für den Verlag eben diese Bücher.

Mir hat das Buch gut gefallen und zwar aus gleich mehreren Gründen. Erstens geht es um die schöne Stadt Darmstadt, die ich während meiner Studienzeit fast fünf Jahre lang mein Zuhause nennen durfte. Beim Lesen bekam ich regelrecht das Gefühl, am Großen Woog zu stehen oder die Straße zum Böllenfalltor entlangzulaufen. Gude schafft es wirklich, dem Buch eine Kulisse zu geben. Zweitens wird ein Bezug zum Zweiten Weltkrieg hergestellt. Für mich ein Thema, was niemals alt wird. Denn heutzutage wird zwar viel davon erzählt, aber es rücken immer nur die großen Ereignisse in den Mittelpunkt. Kennt man Pearl Harbor, den D-Day, das Stauffenberg-Attentat und Anne Frank, so bleiben doch viele kleine Begebenheiten weitgehend unentdeckt. Umso erfreulicher war es, dass ich durch "Mosquito" wieder etwas mehr verstanden habe, was in diesen furchtbaren Jahren passiert ist. Der dritte Grund ist eher witziger Natur: Der Schreiber reiht sich mit dem Namen Gude vollends in die hessische Kultur ein, was mich schon vor dem Lesen zum schmunzeln brachte.

Auch die Schreibweise fand ich sehr erfrischend. Während viele Bücher und Krimis nicht drum herum kommen, mit überspitzter Schreibe den Leser zu fesseln, so schafft es Gude mit einer sehr schlichten, aber geradlinigen Art, das Geschehene zu beschreiben. Auch gab es keine großartigen Sprünge von Ort zu Ort oder auch in der Zeit. Ich befand mich jederzeit am Ort des Geschehens, direkt neben Karl Rünz, war dadurch Teil der Geschichte.

Was leider ein wenig untergeht, ist die Gesellschaftskritik, die Gude in dem Buch an verschiedenen Stellen platziert. Sie tritt immer wieder in Form von Karl Rünz in Erscheinung, der sich über vieles Gedanken macht und seinen Frust und seine Abneigung gegenüber anderen innerlich ausdiskutiert. Ich habe mir erhofft, dass ich mich hier und da in der Kritik wiederfinde. Doch leider ist das fast gar nicht passiert. Denn Rünz wirkte für mich wie einer, der gar nicht so recht weiß, was er will und wo er überhaupt im Leben steht. Dadurch wirkte er für mich einfach nur aufgeblasen und irgendwie hilflos. Mir schien es, als sei er ein verbitterter Mann, der es nicht mal mehr auf die Reihe bekommt, ein ordentliches Leben mit seiner Frau zu führen.

"Mosquito" kann ich bei all den positiven Punkten nur den Leuten empfehlen, die auf regionale Bücher stehen und sich in Darmstadt auskennen. Denn ich glaube, nur dann schafft es das Buch, den Leser zu fesseln.

Mosquito - Christian Gude
Taschenbuch: 322 Seiten
Verlag: Gmeiner-Verlag, Meßkirch. Februar 2012
ISBN: 978-3-89977-712-3

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